
Controlling als Businesspartner. Rückblick auf den Live-Talk am 16.05.2025
DGCS-Controlling-Standards
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Am 16. Mai 2025 ludwir Live-Talk ein, der sich einem zentralen Thema "Controlling als Businesspartner" widmete. Unsere kostenfreie Veranstaltung richtete sich gezielt an Fach- und Führungskräfte der Sozialwirtschaft, die das strategische Potenzial ihres Controllings stärker nutzen möchten.
Moderiert wurde der Talk von Stefan Löwenhaupt, stellv. Vorstandsvorsitzender der DGCS. Für den fachlichen Impuls sorgte Lina Schmidt, Leiterin des Controllings der Evangelischen Stiftung Neuerkerode (ESN). Sie gewährte einen detaillierten und offenen Einblick in die praxisnahe Neuausrichtung des Controllings in ihrer Organisation und zeigte auf, dass und wie das Controlling ein wichtiger Businesspartner sein kann.
Vom Zahlenlieferanten zum Partner auf Augenhöhe
Die Evangelische Stiftung Neuerkerode hat das Controlling in den letzten Jahren neu aufgestellt. Bis Ende 2022 waren Finanz- und Personalcontrolling getrennt organisiert. Seit 2023 agieren sie im Rahmen eines Gesamtcontrollings gemeinsam – mit Spartenteams für Leistungs-, Finanz- und Personalcontrolling. Die Rolle des Controllings ist klar definiert: Es geht nicht allein um das Bereitstellen von Zahlen, sondern um konkrete Unterstützung in der Steuerung der Unternehmensbereiche. Berichte werden nicht nur verschickt, sondern gemeinsam mit den Adressat*innen besprochen, kommentiert und analysiert. Ziel ist, dass auch Nicht-BWLer die Daten verstehen und daraus Handlungen ableiten können.
Technische Basis und Herausforderungen
Technisch setzt die ESN auf eine moderne Infrastruktur: SAP S/4 HANA bildet die Datenbankgrundlage, ergänzt durch SAP HCM für Personalthemen und SAP BI inklusive Analysis for Excel und BI Launchpad für das Berichtswesen. Eine selbst entwickelte Planungsapplikation unterstützt Hochrechnungen und Szenarienbildung. Ergänzend kommen Vorsysteme wie Vivendi (u. a. Eingliederungshilfe, Pflege), Orbis (Krankenhaus) und Vitricon (Liegenschaftsverwaltung) zum Einsatz. Excel bleibt das zentrale Werkzeug im Controlling-Alltag – ergänzt durch Power Query, Cube-Formeln, Pivot und Makros. Eine vollautomatisierte Schnittstelle zu allen Systemen ist bislang nicht verfügbar, dennoch hat das Team eine funktionierende Lösung auf Basis zentral abgelegter Daten und Excel-Konsolidierung etabliert, intern als „Treppenhauslösung“ bekannt. Trotz dieser systemischen Komplexität hat das Controllingteam verlässliche Berichtsinfrastrukturen geschaffen und entwickelt weitere Toosl für eine langfristige Datenstrategie.
Aufgaben und Berichtswesen im Zentralcontrolling
Das Zentralcontrolling übernimmt zentrale Aufgaben innerhalb der Unternehmensgruppe: von der Stammdatenpflege über die Strukturprüfung bis hin zur Planung und Hochrechnung von Leistungs-, Personal- und Finanzdaten. Berichte werden individuell auf die Empfänger*innen angepasst: Geschäftsführungen und Vorstände erhalten strukturierte PDF-Dokumente, andere Leitungsfunktionen greifen über Austauschverzeichnisse zu.
Das Standardberichtswesen umfasst u. a. eine kompakte Kachelübersicht, G+V-Darstellungen mit Abweichungsanalysen, Auswertungen zu Leistungsdaten, Soll-Ist-Vergleiche im Personalbereich und Gesellschaftsanalysen. Besonders für die Bereichsleitungen wird bereits während des laufenden Monats eine Personalbemessung zur Verfügung gestellt – mit dem Ziel, kurzfristige Steuerung zu ermöglichen.
Langfristig strebt die ESN den Übergang von diesen statischen Reports zu interaktiven Dashboards mit Drill-Down- und Drill-Through-Funktionen an. Erste Ideen und Anforderungen werden derzeit gesammelt – auch mithilfe einer geplanten Bedarfsumfrage unter den internen Partnern.
Strategische Projekte und Steuerungsbeiträge
Das Controlling ist nicht nur operativ, sondern auch strategisch aktiv: In Mehrjahresplanungen, Entgelt- und Tarifverhandlungen, Make-or-Buy-Analysen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen spielt das Team eine zentrale Rolle. Auch Personalstammanalysen, etwa zu Renteneintritten oder Teilzeitquoten, gewinnen an Bedeutung.
Ein konkretes Beispiel: Das laufende Projekt zur Optimierung der Pflege- und Seniorenhilfe. Gemeinsam mit einer externen Beratung wurden Zielwerte für kritische Felder wie Fachkraftquote und Auslastung entwickelt. Das Controlling begleitet die Umsetzung mit regelmäßigen Berichten und ist vor Ort Ansprechpartner für Fachbereiche und Projektpartner.
Diese Form der Zusammenarbeit verdeutlicht: Das Controlling versteht die Geschäftsprozesse, kennt die Anforderungen und ist echter Sparringspartner. Die zentrale Frage lautet dabei stets: Welche Daten braucht unser Partner, um sinnvoll steuern zu können?
Fazit
Der DGCS Live-Talk hat eindrucksvoll gezeigt, wie Controlling in der Sozialwirtschaft zum echten Businesspartner werden kann – durch klare Kommunikation, passende technische Lösungen und den Willen zur aktiven Mitgestaltung. Die Evangelische Stiftung Neuerkerode liefert dafür ein lebendiges Beispiel aus der Praxis.
Wir danken Frau Schmidt und der ESN herzlich für ihre offenen Einblicke und den konstruktiven Austausch.